Zweite Chance für die Zweite Republik
Heuer feiert die Zweite Republik ihren 80.Geburtstag. Eine Erfolgsgeschichte, die auf Demokratie, Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit, Miteinander und später auf die Europäische Integration aufbaut und uns Wohlstand und ein gutes Leben ermöglicht hat.
Der 80.Geburtstag könnte ihr letzter Geburtstag sein.
Denn wird Kickl Volkskanzler, dann droht viel an Veränderung und viele Beobachter befürchten, dass dann die Säulen dieser Zweiten Republik in Frage gestellt werden - Rechtsstaatlichkeit, freie Medien, ein starker öffentlich-rechtlicher Rundfunk, Zusammenhalt, die konstruktive Form der europäischen Integration.
Einige Persönlichkeiten von Heinz Fischer bis Franz Fischler, die früher in hohen Funktionen in dieser Zweiten Republik gedient haben, haben sich daher zusammengetan und gemeinsam haben wir gestern ein öffentliches Zeichen gesetzt.
Ein Zeichen unserer Sorge und der vielen Alternativen, die es zu dieser Entwicklung noch gibt.
Die FPÖ versucht derzeit den Eindruck zu erwecken, daß Blauschwarz alternativlos sei.
Das ist aber absolut nicht der Fall. Es könnte etwa vom Bundespräsidenten für einige Monate eine Expertenregierung eingesetzt werden und in der Zwischenzeit an einer breiten Zusammenarbeit gearbeitet werden.
Das und vieles andere wäre möglich. Darüber nachzudenken und dies anzuregen, ist natürlich legitim und ich halte es auch für meine demokratiepolitische Verpflichtung. Kickl wurde zwar mit kleinem Abstand erster bei den vergangenen Nationalratswahlen, aber deutlich über 70 Prozent haben ihn nicht gewählt.
Es hat mich gefreut, dass es nach der Pressekonferenz eine grundsätzliche Bereitschaft von SPÖ, Grünen und Neos für neue Gespräch gab. Und es hat mich gefreut, dass so viele positive Reaktionen aus der Bevölkerung kamen - auf allen Ebenen: per Mail, beim Konzert, in der U-Bahn, im Kaffeehaus, in der Straßenbahn. Ganz viele wollen einen Ausweg.
Die ÖVP wird sich nun entscheiden müssen - für einen Volkskanzler Kickl oder aber mutig für einen anderen, einen neuen Weg.
Es ist spät, aber noch ist Zeit dafür.