Wie wir die erste grüne Regierungskoalition schafften

 Genau vor 20 Jahren ist die Zäsur gelungen: nach Jahrzehnten großer Koalitionen ist es uns gelungen, erstmals in Europa eine schwarzgrüne Koalition zu erreichen. 1997 haben wir nach Jahren der außerparlamentarischen Opposition den Einzug in den Landtag in Linz geschafft, 2003 dann mutig mit einem grünen Sessel, „dem Regierungsstuhl“, auf den Plakaten kandidiert und mit starken Zugewinnen tatsächlich den Einzug in die Konzentrationsregierung geschafft und die FPÖ aus der Regierung geworfen. 4:4:1 war das neue Verhältnis in der Regierung. Wie immer begannen Schwarz und Rot eine neue Koalition zu verhandeln - und sie scheiterten. Was folgte, war ein kluger politischer Akt: wir verhandelten - erstmals öffentlich und transparent - gleichzeitig mit ÖVP und SPÖ über die Bildung einer Koalition. Beide machten uns daher immer größere Zugeständnisse, reisten mit Öffis zu den Verhandlungen an, bauten einen Sitzungsraum auf Barrierefreiheit um, es gelang uns sehr gut,  ein stark grünes Regierungsübereinkommen auszuverhandeln. Allerdings: mit der SPÖ gab es keine Mehrheit im Landtag, das Regieren wäre mit rotgrün daher sehr schwierig und nur mit blauer Zustimmung möglich gewesen. Und diese Abhängigkeit kam für mich nicht in Frage.

Wir fixierten daher die erste schwarzgrüne Regierung Europas, ich wurde Landesrat für Umwelt, Klima und vieles mehr.

Sechs Jahre vergingen, Jahre einer erfolgreichen Entwicklung des Landes. Modernisierung, Objektivierung durch ein neues Bestellungsgesetz, Öffnung durch Transparenzregeln, Aufarbeitung durch wissenschaftliche Studien samt Folgeprojekten unserer Landesgeschichte in der Nazizeit, ein Mindestmaß von 7 Prozent Erhöhung des Sozialbudgets in jedem Jahr und natürlich die Versöhnung von Umwelt und Wirtschaft und eine neue Kultur des Dialogs im Land. Als ersten Schritt der Umsetzung brachten wir eine Klage gegen eine Verschärfung des Asylgesetzes durch die damalige Bundesregierung ein.

Fordernde und erfolgreiche Jahre: niemand konnte mir erklären, wie Regieren geht, es gab in Österreich noch keine Grünen in Verantwortung, alleine in der Landesregierung in jeder Sitzung jeden Montag, das war ebenfalls eine dauernde Herausforderung, weil damit natürlich auch die Kontrolle der acht anderen Regierungsressorts verbunden war.

Ich erinnere mich an den ersten Tag im Regierungsbüro: alles von den blauen Vorgängern ausgeräumt, eine leere Flasche Bier rollte über den Boden, keine Mitarbeiter und plötzlich kam der Postler und stellte mir einen Wäschekorb voller Briefe auf den Schreibtisch.

Langsam lernten wir, langsam konnten mir Mitarbeiter:innen gewinnen und anstellen, langsam wurden wir  routinierter. 

Und morgen folgt der 2.Teil des Berichts. Die Erfolge und Schwierigkeiten der ersten schwarzgrünen Regierungskoalition.

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